Nachhaltige Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienst

Rede Bürgerschaft 11.11.2020 Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst

Herr Präsident, meine Damen und Herren,

Nachhaltige Stärkung des Öffentlichen Gesundheitsdienst – darum geht es in unserem Antrag.

Obwohl der öffentliche Gesundheitsdienst – schon lange zu Recht als dritte Säule unseres Gesundheitssystems bezeichnet wird, hat er in der Öffentlichkeit bisher wenig Aufmerksamkeit bekommen. Das hat sich jetzt mit Corona geändert. 

Ambulante und stationäre Versorgung sind in der Krankenbehandlung stark, der ÖGD ist es in der Prävention und im Infektionsschutz. 

Einen Einstieg in das Thema Infektionsschutz gab es bei EHEC und der Schweinegrippe. Jetzt zu Zeiten der Corona Pandemie erfahren wir unmittelbar, warum der ÖGD eine unverzichtbare Einrichtung für unsere Gesellschaft ist. Ohne die Leistung unserer Gesundheitsämter, wären unsere Versorgungseinrichtungen innerhalb kürzester Zeit überfordert gewesen.

Der ÖGD übernimmt die Kontaktverfolgung, die Anordnung von Tests und die Quarantäneanordnung. 

Ohne den täglichen Einsatz von inzwischen über 500 Menschen in der Kontaktnachverfolgung wären noch mehr Menschen an Covid-19 in Hamburg schwer erkrankt und gestorben.

Was in den Gesundheitsämtern derzeit geleistet wird, schützt unser aller Leib und Leben. Ich denke, dass ich im Namen des gesamten Hauses spreche, wenn ich sage: Diesen Menschen gilt unser aufrichtiger Dank – heute und in der Zukunft!

Meine Damen und Herren,

Bund und Länder haben gemeinsam den „Pakt für den Öffentlichen Gesundheitsdienst“ ins Leben gerufen. Insgesamt 4 Milliarden Euro wurden für die Stärkung der lokalen Gesundheitsämter vom Bund zugesagt. 3,2 Milliarden für die personelle Verstärkung und 800 Millionen für die Digitalisierung. 

Es geht dabei um einen langfristigen Personalaufbau und um eine bessere IT-Ausstattung und Vernetzung. Hamburg wird 2,8% der Mittel erhalten. Das sind etwa 112 Millionen Euro in sechs Jahren.

Der ÖGD braucht langfristig, über die Pandemie hinaus, mehr Personal in allen Aufgabenbereichen und eine moderne IT-Infrastruktur.

Denn der Infektionsschutz steht zwar derzeit im Rampenlicht, ist aber nur eine von vielen wichtigen Aufgaben. 

Eine Querschnittsaufgabe ist die Förderung der gesundheitlichen Chancengleichheit. 

  • Schuleingangsuntersuchungen müssen allen Kindern zuteilwerden. 
  • Schon vor der Pandemie waren die Gesundheitsämter nicht ausreichend besetzt, um alle Kinder zu untersuchen. Dabei ist die Schuleingangsuntersuchung eine wichtige Säule der Früherkennung von Entwicklungsstörungen, Prävention und rechtzeitiger gezielter Förderung vor dem Schuleintritt zusätzlich zu den kinder- und jugendärztlichen U – Untersuchungen und Impfungen. Die Zahngesundheit von Kindern muss weiterhin gefördert werden. Die sozialpsychiatrischen Dienste leisten wichtige Hilfe für psychisch kranke oder gefährdete und behinderte Menschen. Auch hier steigt der Bedarf stetig und die Belastung durch die Pandemie schlägt sich zusätzlich nieder.
  • Einen weiteren Schwerpunkt wollen wir auf die Gesundheitskompetenz legen. Denn die Gesundheitschancen der Bevölkerung sind dann hoch, wenn Menschen befähigt werden, für ihre eigene Gesundheit aktiv zu sorgen. Dazu braucht es gute Bildungsangebote und Kampagnen, aber auch ganz konkrete Beratung im Einzelfall.

Wir werden in Hamburg 150- 200 zusätzliche Stellen in den Gesundheitsämtern mit der Hilfe des Bundes schaffen. Ab 2027 kommen vorrausichtlich weitere 100 Stellen hinzu. Diese Stellen werden unbefristet sein. Im ÖGD arbeiten meist Frauen und viele in Teilzeit.   

  Wir brauchen Mitarbeiter* innen in ärztlichen, medizinischen und diagnostischen Fachberufen und wir müssen diese Stellen adäquat bezahlen, das heißt entsprechend den Tarifen in den Kliniken, so wie vom Marburger Bund gefordert, es darf keine Gehaltsunterschiede zu den Stellen im Krankenhaus geben.  70 % der Amtsärzte werden in den nächsten 10- 15 Jahren das Rentenalter erreichen. Wir müssen die Attraktivität des ÖGD steigern mit Fort- und Weiterbildung. Nur damit haben wir die Chance, Fachkräfte zu gewinnen. 

Auf der anderen Seite wird auf Bundesebene eine verbindlichere Koordinierung gefordert, um eine Zersplitterung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes zu stoppen,etwa in Form eines neuen „Bundesinstituts für öffentliche Gesundheit.

Damit ist keine Riesenbehörde gemeint, sondern ein Amt, das sich zentral mit den Aufgaben des ÖGD befasst. Mit den Aufgaben Bevölkerungsschutz, Prävention und Hygiene.

Wir investieren Milliarden in Krankenhäuser die privatwirtschaftlich geführt werden, die Pandemie lehrt und uns jetzt, dass der Staat in seiner Aufgabe des öffentlichen Gesundheitsschutzes unbedingt gestärkt werden muss!

Meine Damen und Herren 

Wir machen einen Riesenschritt in Hamburg mit dem Pakt für den öffentlichen Gesundheitsdienst – es ist noch viel zu tun! 

Fangen wir an!