Arzneimittelversorgung

In der Bürgerschaftssitzung am 08.11.2023 wurde in Tagesordnungspunkt 68 der gemeinsame Antrag der Regierungsfraktionen „Apotheken stärken: Fachgespräch zur Verbesserung der Arzneimittelversorgung“ aus Drucksache 22/13279 debattiert und anschließend angenommen. Nachfolgend finden Sie meinen Debattenbeitrag in der Bürgerschaft.

Frau Präsidentin, liebe Kolleg*innen,

viele Familien mussten im letzten Jahr erleben, dass in Apotheken keine Medikamente für Kinder zu bekommen waren. Durchwachte Nächte mit fiebernden Kindern, große Sorgen und Erschöpfung waren oft die Folge. Wenn in den Wintermonaten wieder Erkältungswellen kommen, kann das wieder zu überfüllten Kinderarztpraxen und Notaufnahmen in den Kliniken führen.  

Besonders gravierend war der Mangel an Antibiotika. Es kommt vor, dass Kinder zu wenig oder nicht das richtige Medikament bekommen. So kann beispielsweise eine Bronchitis verschleppt werden und zur Lungenentzündung führen und einen Krankenhausaufenthalt erforderlich machen. Wenn kein Antibiotikasaft zur Verfügung steht, muss stattdessen möglicherweise eine Infusionsbehandlung des Kindes in der Klinik erfolgen.

Chronisch kranke Menschen müssen fürchten, ihre lebenswichtigen Medikamente nicht zu erhalten. Gerade bei Krebsmedikamenten sehen wir bis heute anhaltende Lieferengpässe.

Funktionierenden Lieferketten sind so wichtig. Lieferengpässe für über 500 Medikamente stehen aktuell auf der Liste des Bundesgesundheitsministeriums. Aber da andere Länder mehr zahlen, als die Krankenkassen in Deutschland, geht die Ware zunächst dorthin. 

Die Bundesregierung hat neue Vorgaben gemacht – insbesondere zur Bevorratung der Medikamente. Und die Apotheken haben etwas mehr Spielräume bekommen, Präparate bei Engpässen zu ersetzen. Aber das reicht noch lange nicht. Auch Arzneimittel aus dem Europäischen Ausland müssen in Deutschland zugelassen werden können. Rabattverträge, die die Kassen mit Pharmaunternehmen geschlossen haben, um für ihre Versicherten die günstigsten Medikamente zu bekommen, müssen im Falle von Engpässen ausgesetzt werden. Wenn in einer Apotheke ein Medikament abgegeben wird, dass dem Medikament entspricht, das verordnet wurde, aber nicht im Rabattvertrag der jeweiligen Krankenkasse steht, darf nicht die Apotheke auf den Kosten sitzenbleiben, sondern das Medikament muss garantiert erstattet werden. Wenn es in der Apotheke zu Mehrarbeit kommt, weil Arzneimittel nicht lieferbar und Ersatz gefunden werden muss, muss diese Leistung auch honoriert werden. Es geht immerhin um die Gesundheit der Menschen.  

Das wissenschaftliche Institut der AOK  wies „pünktlich“ zum Apothekerprotest darauf hin, dass die Nettokosten für Arzneimittel im vergangenen Jahr wieder ein Rekordhoch von 52,9 Milliarden Euro erreicht hätten. In zehn Jahren seien diese Ausgaben um 88 Prozent gestiegen. Das ist zwar richtig, aber zynisch, denn nicht die Apotheken sind die Preistreiber. Die Preistreiber sind die Pharmafirmen, die keine Interesse daran haben, Basismedikamente herzustellen und zu vertrieben. Mit Medikamenten, bei denen der Patentschutz ausgelaufen ist, lassen sich keine hohen Profite erzielen, sondern nur mit Innovationen, die sich die Firmen extrem teuer bezahlen lassen. Dabei sind viele der teuren Medikamente Pseudoinnovationen ohne erwiesenen gesundheitlichen Nutzen. Diese Medikamente verursachen die hohen Kosten.

Hier sollte Minister Lauterbach intervenieren, aber nicht an der Basisversorgung der Menschen in den Apotheken und diese kaputtsparen.

Heute streiken in Hamburg die Apotheken für höhere Honorare.

Apotheken kämpfen mit immer größeren finanziellen Belastungen, wie steigenden Personalkosten, Mieten und Betriebskosten. Apotheken sind unverzichtbar, wenn es um die Sicherstellung von medizinischer Behandlungsqualität, Arzneimittelsicherheit und fachlicher Beratung geht. Apotheken gewährleisten die sichere Arzneimittelversorgung für uns tagsüber, nachts und am Wochenende. Arbeitsplätze in Apotheken sind meist Frauenarbeitsplätze. Diese Arbeit muss auskömmlich bezahlt werden.

Deutschlandweit gibt es 22 Apotheken auf 100 000 Einwohner. In Hamburg liegt die Zahl bei 19,2 auf 100.000 Einwohner. Das ist unterdurchschnittlich.

Apotheker*innen fürchten, dass sie ihren gesetzlichen Auftrag der flächendeckenden Arzneimittelversorgung bald nicht mehr erfüllen können. Auf eine Apotheke die neu eröffnet kommen 10 die schließen.

Mit dem Fachgespräch zur Arzneimittelversorgung wollen die Arbeit der Apotheken wertschätzen. Wir wollen einen Beitrag dafür leisten, dass Apotheken, Krankenkassen, die Ärzteschaft und die Krankenhäuser in Hamburg möglichst gut koordiniert agieren.

Das Ziel ist klar: Apotheken stärken und damit eine sichere Arzneimittelversorgung für alle Patient*innen sichern.

Vielen Dank!