Weiterentwicklung der Versorgung psychischerkrankter Menschen in Hamburg

In der Bürgerschaftssitzung am 13.09.2023 wurde in Tagesordnungspunkt 19der gemeinsame Antrag der Regierungsfraktionen „Weiterentwicklung der Versorgung psychisch erkrankter Menschen in Hamburg – Hamburger Psychiatrieplan erarbeiten“ aus Drucksache 22/12831 debattiert. Meinen Debattenbeitrag finden als Auszug aus dem vollständigen Debattenprotokoll der 73. Sitzung finden sie nachfolgend:

Herr Präsident, liebe Kolleg:innen!

Frau Petersen, mit Ihrem Katastrophenszenario zur Coronapandemie gehen Sie komplett am Thema vorbei. Das war wirklich unmöglich.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und bei Stephan Jersch DIE LINKE – Krzysztof Walczak AfD: Warum?)

Wir haben über die psychiatrische Versorgung gesprochen. Ich möchte jetzt noch einmal über die
Basisversorgung von psychischen Erkrankungen sprechen. Mit einer rechtzeitigen Behandlung kann
sehr vielen Menschen effektiv und schnell geholfen werden. Aber mit langen Wartezeiten werden viele
psychische Beschwerden chronisch. Die Ampelkoalition hat deshalb vereinbart, dass der Bedarf an
psychotherapeutischen Kassensitzen neu bestimmt werden soll. Das ist richtig und längst überfällig.
Durchschnittlich warten Patient:innen in Deutschland heute rund 140 Tage auf eine Therapie. Während
der Coronapandemie schoss der Bedarf in die Höhe, gerade bei Kindern und Jugendlichen.

Hamburg ist bei der letzten Verteilung zusätzlicher Kassensitze leer ausgegangen. Das zeigt deutlich:
Wir brauchen eine grundlegende Reform, die in ganz Deutschland die Kapazitäten erhöht. Mit
ausreichenden Psychotherapieplätzen schützen wir Kinder und Erwachsene vor langfristigen, teilweise
lebenslangen Folgen einer Erkrankung. Mit ausreichend Psychotherapie sichern wir die Arbeitsfähigkeit
von Menschen, die immer öfter und langfristig wegen psychischer Erkrankung ausfallen. Und
wir helfen nicht nur den Betroffenen selbst, sondern dem gesamten Umfeld, besonders dort, wo Sorge
für weitere Menschen getragen wird. Deshalb setzen wir uns in Hamburg dafür ein, dass endlich
ausreichend Kassensitze entstehen.

Doch die Zahl der Sitze für Psychotherapeuten kann nicht allein die Gesundheitsbehörde oder die
Kassenärztliche Vereinigung Hamburg bestimmen oder nur sehr begrenzt darauf Einfluss nehmen,
sondern das entscheidet der gemeinsame Bundesausschuss. Der wird von den vier großen Selbstverwaltungsorganisationen im Gesundheitssystem gebildet: Das sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung, die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband Bund der Krankenkassen. Aber die gesetzlichen Grundlagen gibt das Bundesministerium für Gesundheit vor; Minister Lauterbach ist hier gefragt. Die Politik ist verantwortlich für die Rahmenbedingungen, und die sind schlecht für die ambulante Medizin und besonders die Psychotherapie, denn es fehlt an einer auskömmlichen Finanzierung. Die Kosten in den Praxen steigen, und es reicht nicht, einfach mehr Psychotherapiesitze zu schaffen, sondern diese müssen auch finanziert
werden.

In Berlin sind am letzten Freitag die medizinischen Fachangestellten, Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen auf die Straße gegangen und haben der Gesundheitspolitik die Rote Karte gezeigt. Minister Lauterbach, machen Sie Gesundheitspolitik, die nicht die Investoren der großen Krankenhauskonzerne immer reicher macht, sondern Politik, die bei den kranken Menschen ankommt. Gesundheit ist ein Menschenrecht.

Wir werden den Antrag zwar nicht an den Gesundheitsausschuss überweisen, aber wir werden das
Thema weiterbehandeln: Im November werden wir einen Psychiatrietag veranstalten und im Anschluss
daran eine Auswertung vornehmen. Das Thema bleibt uns also auf jeden Fall im Gesundheitsausschuss
erhalten. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)