Leben retten und mehr Organspenden durch die Widerspruchlösung ermöglichen

Offener Brief von Hamburger Bürgerschaftsabgeordneten an den Bundestag

Bürgerschaftsabgeordnete verschiedener Fraktionen haben am 31.5. einen offenen Brief an die Mitglieder des Deutschen Bundestages vorgestellt. Prof. Dr. Stefan Kluge, Direktor der Klinik für Intensivmedizin des UKE hat aktuelle Zahlen zur Organspende präsentiert. Priv.-Doz. Dr. Florian Grahammer, Direktor des Universitären Transplantations Centrums des UKE und Dr. Gerold Söffker, Transplantationsbeauftragter des UKE, haben ihre Erfahrungen insbesondere aus Angehörigengesprächen geteilt. Die Experten sprechen sich ebenfalls für die Widerspruchsregelung in Deutschland aus.

Dr. Gudrun Schittek, Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft und Initiatorin des offenen Briefes: „Die Chance, in Deutschland ein lebensrettendes Organ zu bekommen, ist im europäischen Vergleich schon seit vielen Jahren erschreckend gering. Es ist nicht zu übersehen, dass Deutschland als einziges Land ohne Widerspruchslösung im Eurotransplant-Verbund den Anschluss an den europäischen Standard bei der Organspende schon seit vielen Jahren nicht herstellen kann. Deshalb braucht es eine neue Debatte und eine Gesetzesinitiative zur Einführung der Widerspruchsregelung im Deutschen Bundestag. 58 Bürgerschaftsabgeordnete aus Hamburg unterstützen mit einem offenen Brief an die Mitglieder des Bundestags dieses Anliegen. Die Widerspruchsregelung würde endlich dazu führen, dass auch in deutschen Kliniken die Organspende kein Ausnahmefall mehr wäre. Die Grundannahme, dass eine Bereitschaft zur Organspende vorliegt, wenn zu Lebzeiten nicht widersprochen wurde, führt bei allen Beteiligten zu mehr Klarheit. Jede Person entscheidet zu Lebzeiten für sich selbst, Angehörige müssen keinen mutmaßlichen Willen einer verstorbenen Person ergründen und die medizinischen Teams haben eine rechtliche Basis, die ihre Arbeit stützt. Jede und jeder von uns kann auf eine Organspende angewiesen sein. Deshalb sind gute Rahmenbedingungen für die Organspende in unser aller Interesse. Die Widerspruchsregelung ist dabei die beste rechtliche Basis.“

Hintergrund: In Hamburg sind im Jahr 2022 nur 28 Organspender*innen gezählt worden. Ein starker Rückgang in den letzten Jahren. Insgesamt wurden in Hamburg 96 Organe zur Transplantation entnommen, 43 davon im UKE. 734 Menschen stehen derzeit in der Metropolregion auf der Warteliste für eine Organtransplantation, davon 108 Kinder. Deutschland liegt im europäischen Vergleich bei den Organspenden auf einem hinteren Platz. Deutschland weicht vom etablierten Modell der Widerspruchslösung in Europa ab. Bis zu 40% der Angehörigen kennen die Einstellung der verstorbenen Menschen zur Organspende nicht. Ca. 80% der Angehörigen lehnen im Gespräch die Organspende ab. Nur bei 44% der Betroffenen liegt eine Dokumentation über einen Organspendeausweis oder eine Patient*innenverfügung vor. Dem gegenüber steht eine positive Einstellung der Bevölkerung zur Organspende (laut aktueller Umfrage 84%).