Frühehen im Bezirk Harburg – Kindeswohl und Selbstbestimmungsrecht von jungen geflüchteten Frauen

Frauen- & Geschlechterpolitik Migration & Integration

Anfragetext

Das Thema Frühehen beschäftigt die Öffentlichkeit, weil es den Schutz von Minderjährigen und die Selbstbestimmungsrechte von Frauen betrifft und das Thema mit der Aufnahme von Flüchtlingen an Aktualität gewonnen hat.

Die Hilfsorganisation TERRE DES FEMMES fordert besseren Schutz für minderjährige Ehefrauen und legt seinen Schwerpunkt im Herbst 2016 auf die den Stopp von Frühehen.

Zitat:“In den letzten Monaten sind mehrere hundert minderjährige Ehefrauen mit ihren Ehemännern nach Deutschland geflüchtet. Sie wurden vor oder während der Flucht von ihren Familien an oft ältere Männer verheiratet. Die Gründe sind vielfältig: Häufig spielt die Bewahrung der Familienehre eine wichtige Rolle. In vielen Ländern, aus denen die geflüchteten Menschen stammen, ist es wichtig, dass eine Frau als Jungfrau in die Ehe geht. Aus Angst, die Töchter könnten während der Flucht entjungfert werden und die „Familienehre“ gefährden, werden sie rasch verheiratet. In den Augen der Eltern und Familienangehörigen bietet ein Ehemann angeblichen Schutz für die Töchter. Weiterhin werden Mädchen an ältere Männer auch deshalb verheiratet, um aus dem Erlös der Heirat die weitere Flucht oder den Unterhalt während der Flucht für den Rest der Familie zu finanzieren.

Diese jungen Frauen brauchen unseren besonderen Schutz! Sie müssen gleich behandelt werden wie minderjährige unbegleitete Flüchtlinge, denn auch sie sind unbegleitet. Sie haben keine sorgeberechtigten Eltern, die für sie entscheiden können. Den jungen Frauen muss daher in jedem Fall ein von der Familie unabhängiger Vormund zur Seite gestellt werden. TERRE DES FEMMES ist besorgt, dass weder regelmäßig das Jugendamt informiert noch das Familiengericht eingeschaltet wird. Hier braucht es zum Schutz und Wohl der Mädchen eine Sensibilisierung von Fachkräften und (ehrenamtlichen) UnterstützerInnen sowie eine Informationspflicht der Jugendämter.“

Nach deutschem Recht sollen Ehen nicht vor dem 18.Lebensjahr geschlossen werden, allerdings sind Ausnahmen nach dem vollendeten 16. Lebensjahr möglich. Die Situation der minderjährigen Ehefrauen stellt die Jugendämter vor große Probleme

Vor diesem Hintergrund bitten wir die zuständige Fachbehörde um die Beantwortung folgender Fragen:

  1. Wie viele minderjährige Ehefrauen gibt es in den Erstaufnahme- und Folgeeinrichtungen für Flüchtlinge ?
  2. Wie viele der minderjährige Ehefrauen sind Mütter und wie viele Kinder von minderjährigen geflüchteten Frauen leben im Bezirk Harburg?
  3. Wird bei minderjährigen Ehefrauen immer das Familiengericht eingeschaltet?
  4. Wird bei minderjährigen Ehefrauen immer ein familienunabhängiger Vormund benannt?
  5. Werden die minderjährigen Ehefrauen vom Jugendamt aus Kindeswohlgesichtspunkten in Obhut genommen und wenn nein warum nicht?
  6. Nach welchen Kriterien wird darüber entschieden?
  7. Wird den Ehemännern das Sorgerecht zugesprochen?
  8. Welche Kriterien gelten hierfür?
  9. Wird Ehemännern das Sorgerecht zugesprochen, auch wenn sie nicht die deutsche Sprache sprechen und sie selbst nicht in Deutschland integriert sind und wenn ja, warum gelten nicht die selben Kriterien für die Ehemänner, die auch andere vom Jugendamt bestimmte Vormünder erfüllen müssen?

Übersicht

Antragsteller*InDr. Schittek, Gudrun; Akkoc, Tülin; Herrmann, Britta und GRÜNE-Fraktion
Statusweitere Infos zu dieser Anfrage in Informationssystem der Bezirksversammlung unter Drucksache 20-1799 hier
Datum06.10.2016