Corona Prävention in den Stadtteilen
Meine Rede in der Bürgerschaft am 8.April 2021
https://mediathek.buergerschaft-hh.de/sitzung/22/22/?rede=18305#top-3601
Zur Eindämmung der Corona Pandemie sind bundesweite Regelungen und möglichst einheitliche Vorgaben der Länder entscheidend, Gleichzeitig wächst die Bedeutung auf lokaler Ebene.
Auch in Hamburg ist die Verteilung der 7-Tage-Inzidenz in den Stadtteilen sehr unterschiedlich, wie gestern auch der NDR berichtet hat. Stadtteile, in denen beengte Wohnverhältnisse herrschen, häufiger Berufe ausgeübt werden, in denen kein Homeoffice möglich ist, Menschen mit geringerem Einkommen leben, häufiger Arbeitslosigkeit auftritt, fallen durch hohe Inzidenzen auf. Beispiele sind Billstedt, Horn, die Veddel, Wilhelmsburg , Lurup und andere.
Bewohner*innen in sozioökonomisch schlechter gestellten Stadtteilen tragen auch unabhängig von der Corona-Pandemie eine höhere Krankheitslast. Sie werden öfter krank und leiden häufiger an chronischen Krankheiten wie Diabetes, Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen und Adipositas. Sie sind zunehmend auch stärker von Corona betroffen und haben aufgrund der Vorerkrankungen ein höheres Risiko für schwere Krankheitsverläufe und Tod. Das bestätigt auch das RKI. Die Covid 19 Sterblichkeit war im Dezember und Januar in benachteiligten Regionen 50-70 % höher, als in Regionen mit geringer sozialer Benachteiligung.
Dabei geht es nicht um individuelle Schuld oder Stigmatisierung, sondern um Lebensverhältnisse, die krank machen. Wer an Straßen oder in Quartieren mit Lärm und schlechter Luft wohnt, wer auf engem Raum mit vielen Personen wohnt, wird eher krank, als ein Ehepaar dass in einem Einfamilienhaus mit Garten lebt und nur zum Einkaufen Kontakte hat. Wer einen niedrigen Bildungstand hat und arm ist, wird leichter krank. Kulturelle Besonderheiten und Sprachbarrieren kommen hinzu. Und es besteht oft ein Misstrauen auf Grund von eigenen schlechten Erfahren im Umgang mit staatlichen Institutionen.
Schutz vor Corona kann nur mit einem Public Health Ansatz gelingen , indem wir Daten erheben und Hot Spots erfassen .
Dass aktuell Ausgangsbeschränkungen für alle gelten, ist jetzt richtig. Aber wir müssen aus sozialen und wirtschaftlichen Gründen so schnell wie möglich wieder herauskommen aus dieser Abwärtsspirale und dafür gezielt Maßnahmen in den Stadtteilen mit hohen Inzidenzen ergreifen.
Wir brauchen eine Datenbasis über Corona-Neuinfektionen, Krankenhausbehandlungen und Todesfällen aufgeschlüsselt nach den Hamburger Ortsteilen. Die müssen wir zur Verfügung zu stellen und laufend zu aktualisieren.
Bei Prävention und Kontaktnachverfolgung wächst die Bedeutung auf lokaler Ebene. Die Schlüsselrolle kommt dabei den Bezirken zu. Die Daten des Sozialindex können die Grundlage dafür bieten, Schwerpunktgebiete zu identifizieren, gemeinsam mit der digitalen Erfassung von Infektions Clustern durch die Gesundheitsämter. Dazu muss die Kontaktnachverfolgung so schnell wie möglich auf SORMAS umgestellt und die Luca App einführt werden.
Bei der Rekrutierung von Personal zur Verstärkung der Präventions- und Aufklärungsmaßnahmen brauchen wir die Stadtteilzentren, Stadtteilbeiräte, Sportvereine, Senioren – und Jugendeinrichtungen, ehrenamtlich Tätige, Bürgerinitiativen beispielsweise mit Schwerpunkt der Unterstützung von Geflüchteten, Religionsgemeinschaften, Apotheken und Arztpraxen.
Maßnahmen können sein: Haus-zu-Haus Gänge von Teams , Plakate und Aufklärungsschriften in allen dort gesprochenen Sprachen in den Hauseingängen, in Lebensmittelläden, den Getränkehändlern, an S-Bahnhöfen, massive social media Kampagnen, Training + Finanzierung von Ehrenamtlichen,
Wir müssen gezielt kostenlose FFP2-Masken verteilen und kostenlose Tests in der lokalen Nachbarschaft anbieten.
Und natürlich entsprechende Maßnahmen auch an den Arbeitsplätzen, besonders für Arbeitnehmer*innen in prekären Arbeitsbedingungen.
Der Top -down – Mechanismus der Eindämmungsverordnung , muss durch einen Bottom -up Ansatz ergänzt werden, der auf Eigenverantwortung, Wir -Gefühl und Selbstwirksamkeit setzt.
Dafür müssen wir Geld in die Hand nehmen, denn es rechnet sich, jedes Quartier mit erhöhter Inzidenzrate gezielt zu unterstützen. Das ist am Ende viel billiger, als der Verlust an Wirtschaftskraft und Steuereinnahmen und an entstehenden Sozial- und Behandlungskosten für die Stadt.
Das gleiche gilt übrigens auch für die Impfungen. Wir müssen in Stadtteilen mit hohen Infektionszahlen die Impfangebote verstärken und darüber öffentlich und über social- media Kanäle informieren, es darf nicht auch hier eine Schere zwischen Arm und Reich entstehen. Das ist unser Ziel, daran arbeiten wir.
Wir haben alle Menschen in unserer Stadt im Blick.