Antrag zu §218 StGB in der Bürgerschaft
Es gibt Sachverhalte in Deutschland, wo sich die hiesigen Demokraten partout nicht auf eine Modernisierung einigen können und lieber an alten Zöpfen festhalten: der im Jahre 1872 mit der Gründung des Deutschen Reiches formulierte § 218 RStGB zum Schwangerschaftsabbruch hat als § 218 StGB weiterhin Bestand. Vom Kaiserreich, über die Weimarer Republik und die Nazi-Diktatur hat es der § 218 in unser heutiges Strafgesetzbuch (StGB) geschafft. So als ob sich die Welt in den vergangenen mehr als 150 Jahren nicht geändert hätte.

Nach rund 100 Jahren Bestand nahm die sozial-liberale Koalition unter Willy Brandt mit ihrem Motto „Mehr Demokratie wagen“ ein Reformvorhaben des § 218 StGB auf: „Rechtsauftrag und soziale Wirklichkeit des seit hundert Jahre geltenden Paragrafen 218 hätten sich auseinander entwickelt“. „Es gab viele dunkle Wege in die Illegalität, es gab viel Krankheit und Tod, die hätten vermieden werden können.„
Mitte der siebziger Jahre wurde das Reformwerk parlamentarisch-demokratisch und öffentlich viel diskutiert. Mit Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes wurde eine Indikationen- statt der Fristenlösung beschlossen. Mit der im Rahmen der Wiedervereinigung erforderlichen Rechtsangleichung zwischen der liberalen DDR-Gesetzgebung und restriktiver Indikationenlösung im Bundesrecht sowie einem weiteren Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, wurde in 1995 für den § 218 StGB eine Kombination aus straffreier Fristenlösung mit Beratungspflicht bis zur 12. Schwangerschaftswoche und einer erweiterten Indikationenlösung geschaffen.
Knapp 30 Jahre später, Anfang 2025, haben die Bürgerschaftsfraktionen von SPD und Grünen das Thema wieder auf die Agenda gesetzt. Zuvor war im September 2024 eine Anhörung des Ausschuss für Gleichstellung und Diskriminierung zum Thema „Reproduktive Gerechtigkeit“ samt Beratung durchgeführt. Aus den Ergebnissen, die im lesenswerten Wortprotokoll der Anhörung zu finden sind, wurde ein Antrag in der Bürgerschaft formuliert. Im Antrag wird der Senat u.a. aufgefordert sich für eine Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen und eine Fristenregelung außerhalb des StGB einzusetzen.
Der Antrag wurde als Drucksache 22/17542 am 15. Januar 2025 in der Bürgerschaft beraten. Meinen Redebeitrag in der Debatte finden Sie ->hier.